Information zu BK 45 Kurzzeitentwurf 1

Posted on 5 October 2018 in:
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This month, I’m organizing a short course for communications design students at the HTW Berlin. The following materials are for their reference. I have a general page with a recommended reading list for my students elsewhere on this site, which includes more English-language titles than appear here.

Kursvorstellung

Hier noch mal eine Kurzbeschreibung des Kurses, die ich für die Webseite der Hochschule geschrieben habe:

Typo-Geschichte interpretiert: Eine Auseinandersetzung mit Schrift im öffentlichen Raum

In erster Linie dient ein Navigationssystem die Orientierung ihrer Nutzer. Auch im Berliner S-Bahn-Netz sollten die Schilder bei der Wegfindung helfen. Kritiker sehen einige der dortigen Schriften als behaftet. Gibt es „gefährliche Schriften“? Selbst Entwürfe, die für viele Designer als neutral wirken, können eine politische Ideologie verkörpert haben, z. B. eine sozialistische, kapitalistische oder faschistische. Im Laufe der Projektwoche werden die Studierenden Kurztexte über die Geschichte eine dieser Schriften und die Debatten darüber, lesen und diskutieren. Anschließend werden Kursteilnehmer sich anhand ihrer eigenen Fotografien oder Zeichnungen mit einer Schrift auseinandersetzen, in Form eines Plakates oder eines Büchleins. Bringt eine Kamera und ein Skizzenbuch zur ersten Veranstaltung bitte mit!

A note on blackletter classification (in English)

Many German typographers list four blackletter varieties – Textura, Rotunda, Schwabacher, and Fraktur. Some add a fifth class, often called Fraktur-Varianten, which is a catch-all place to put everything else. While many contemporary blackletter type designs fall into that last group, type designers continue to revive styles across the rest of the spectrum as well. Understanding blackletter classification helps you choose the right typeface. For example, a German Fraktur would be a poor choice for an English Pub. On the other hand, almost any of the above styles could look right on a certificate, depending on its overall design.

Old English and Gotisch designs are further evolutions of the Textura idea. Gotisch (meaning “gothic”) alone has several sub-styles, from the nineteenth century romanticist fette Gotisch – pictured above in the third slot down in the first column on the left – to schlichte Gotisch, the so-called Schaftstiefelgrotesk, or “jackboot grotesques” of the 1930s. Indeed, it is this last genre of Texturas that we will engage with in this course.

Schwabacher is the style of Bastarda that has traditionally been used in Germany the most often. Fraktur itself could even be classified as another Bastarda – but I have given it its own group above, as it was the most-widely used blackletter text style in German typography between the early 1500s and the early 1940s. Evolving out of late medieval and early renaissance handwriting, the various blackletter styles also influenced each other over time. Another Bastarda genre, Civilité, was common in late sixteenth century printing in France and the Low Countries.

Since at least the late eighteenth century, there have also been “experimental” blackletter varieties, which are difficult to sort using twentieth-century group definitions. One of them, pictured above in the right-most column, is the class of hybrid blackletter/roman typefaces. You can read more about those typefaces here.

Schlichte Gotisch oder Schaftstiefelgrotesk?

Wie herausfordernd häßlich sind dagegen die Ortsschilder auf fast jedem einzelnen deutschen Bahnhof! Nur die seltenen antiken Beschriftungen aus der Zeit vor 1880 sind in ihrer Art schön. Selbst wo die dort verfehlte und ohnehin nicht gerade anmutige, in Schaftstiefeln marschierende Kochschrift und die pseudogotischen Ortsschilder aus der trübsten Zeit der neueren Geschichte verschwunden sind, läßt die Form dieser wichtigen Tafeln, die doch Visitenkarten des ganzen Landes sind, alle zu wünschen übrig.

Aus: Jan Tschichold, Erfreuliche Drucksachen durch gute Typographie. Maroverlag, Augsburg 2001 (ursprünglich: Ravensburger Buchverlag 1960), S. 20

Archivale

Originalvorlagen einer Schrift, die vermutlich für Schilder der Reichsbahn entworfen war.

  1. Deutsche Reichsbahn-Gesellschaft: Deutsche Schrift, gezeichnet von einem Herrn oder eine Frau »Friedling« am 7., 9. und 10. Mai 1935. Drei Blätter. Reichsbahndirektion Berlin 1935. Privatbesitz Lars Krüger, Berlin
    1. Blatt 1: A–Z, Ä, Ö und Ü. 109 cm breit × 73 cm hoch
    2. Blatt 2: a–z, sch, ck, ff, ft, ß, tz, tt, ä, ö und ü. 111 × 73 cm
    3. Blatt 3: 10 Ziffern, 12 Satzzeichen und ein Pfeil. 93 × 55 cm

Diese »Reichsbahnschift« ist die halbfette Element ziemlich nah. Die Element wurde von Max Bittrof entworfen und von die Bauersche Gießerei in Frankfurt am Main 1933 veröffentlicht. Es gibt im Berliner S-Bahn-Netz außerdem noch einige Schilder, die mit der Tannenberg gemacht sind. Die Tannenberg stammt von Erich Meyer; D. Stempel AG in Frankfurt am Main hat diese Schrift vertrieben.

Visuelle Referenzwerke

  1. Gebr. Klingspor: Wallau. Eine Schriftengruppe von Rudolf Koch. Geschnitten und herausgegeben von Gebr. Klingspor Offenbach am Main. Schriftgießerei Gebr. Klingspor, Offenbach am Main o.J. (zirka 1939)
  2. Ludwig & Mayer: »National – die neue deutsche Schrift für schöne Werbedrucke«. In: Ders.: Neue Schriften und Ornamente. Schriftgießerei Ludwig & Mayer, Frankfurt am Main. o.J. (zirka 1934). o.S.
  3. Rader, Henning und Thomas Weidner: Typographie des Terrors – Plakate in München von 1933 bis 1945. Kehrer Verlag, Heidelberg 2012
  4. spatium – Magazin für Typografie (Hrsg.): Bleisatzschriften des 20. Jahrhunderts aus Deutschland. Eine PDF-Dokumentation von Schriftmustern zusammengestellt von Hans Reichardt. CD-ROM. spatium – Magazin für Typografie, Offenbach am Main 2008. In der HTW Berlin Campus Wilhelminenhof Bibliothek erhältlich!
    1. Ordner »Schriftmusterhefte«
      1. Ordner »Bausche Giesserei, Frankfurt«
        1. Element
    2. Ordner »L. Wagner, Leipzig«
      1. Ordner »KünstlerSchriften LW«
        1. Deutschmeister halbfett
        2. Deutschmeister schmalfett
        3. Deutschmeister

Referenztexte

  1. Bose, Günter Karl: »Normalschrift. Zur Geschichte des Streits um Fraktur und Antiqua«. In: Kühnel, Anita (Hrsg.): Welt aus Schrift – das 20. Jahrhundert in Europa und den USA. Verlag der Buchhandlung Walter König, Köln 2010. S. 89–102. Auch in der HTW Berlin Campus Wilhelminenhof Bibliothek erhältlich!
  2. Giesecke, Albert: »Schriftschaffen im neuen Deutschland«. In: Raederscheidt, G. und Fritz Helmuth Ehmcke (Hrsg.): Schrift und Schreiben. Zeitschrift für alle praktischen und wissenschaftlichen Fragen der Schrift und des Schreibunterrichts. Band 6, Heft 5 (Juni 1935). Verlag F. Soennecken, Bonn und Leipzig 1935. S. 125–141
  3. Kapr, Albert: Fraktur – Form und Geschichte der gebrochenen Schriften. Verlag Hermann Schmidt Mainz 1993. Auch in der HTW Berlin Campus Wilhelminenhof Bibliothek erhältlich!
  4. Schalansky, Judith: Fraktur mon Amour. Verlag Herrmann Schmidt Mainz 2006. Auch in der HTW Berlin Campus Wilhelminenhof Bibliothek erhältlich!
  5. Willberg, Hans Peter: »Schrift und Typografie im Dritten Reich«. In: Forum Typografie, Arbeitskreis Berlin (Hrsg.): Umbruch – 8. Bundestreffen des Forum Typografie, 31. Mai bis 2. Juni 1991 in Berlin, Kunsthochschule Berlin-Weißensee. Verlag Hermann Schmidt Mainz 1994. S. 28–41

Hilfreiche Internet-Seiten

  1. o.V.: “Tags > schaftstiefelgrotesk.” In: o.A.: Flickr. Webseite, o.D., zuletzt abgerufen am 5.10.2018
  2. o.V.: “The Many Faces of the S1.” In: o.A.: Berlin Typography. Webseite, veröffentlicht am 9.5.2017, zuletzt abgerufen am 5.10.2018
  3. Dobush, Grace: “Fraktur and the psychology of type.” In: Powel, Justine und Andreas Kluth (Hrsg.): Handelsblatt Global. Webseite, veröffentlich am 28.9.2018, zuletzt abgerufen am 5.10.2018
  4. Hardwig, Florian: “Volksbühne Berlin poster campaign. The ‘People’s Theatre’ bombs Berlin with blackletter.” In: Berlow, Sam und Stephen Coles, Florian Hardwig et al (Hrsg.): Fonts in Use. Webseite, veröffentlicht am 18.9.2013, zuletzt abgerufen am 5.10.2018
  5. ––– “Volksbühne Berlin flyers and leaflets.” In: Berlow, Sam und Stephen Coles, Florian Hardwig et al (Hrsg.): Fonts in Use. Webseite, veröffentlicht am 4.10.2013, zuletzt abgerufen am 5.10.2018
  6. Hiller, Mathias: »Frakturschriften bei der Berliner S-Bahn«. In: Berliner Fahrgastverband IGEB (Hrsg.): Signalarchiv.de. Webseite, o.D., zuletzt abgerufen am 5.10.2018. The article was original printed in SIGNAL 9–10/1995 (January 1996)
  7. Reynolds, Dan: “The Library of the Gutenberg Museum.” In: Boardley, John (Hrsg.): I Love Typography. Webseite, veröffentlicht am 1.3.2010, zuletzt abgerufen am 5.10.2018
  8. ––– “Blackletter Today.” In: o.A.: Communication Arts. Webseite, o.D., zuletzt abgerufen am 5.10.2018
  9. Willberg, Hans Peter: »Typographie – Die Fraktur und der Nationalismus«. In: Kastner, Eduard und Dennis Kastner (Hrsg.): Die Gazette. Das politische Kulturmagazin. Webseite, veröffentlicht am 27.5.2001, zuletzt abgerufen am 5.10.2018